Mittwoch, 20. Juli 2011

Eine kleine Theorie über Freundschaft - Teil 2

Manchmal stelle ich mir Freunde vor wie Eisberge, die im Meer treiben. Für gewöhnlich sehen wir nur ihre Spitzen, die aus dem Wasser ragen. Wir fragen uns, warum manche Eisgipfelchen ganz nah beieinander schwimmen, wo man doch weiß, dass sie unter Wasser viel breiter sind als oben.

Ich male mir aus, dass die unsichtbaren Teile der Eisberge sehr unregelmäßige Formen haben. An manchen Stellen sind sie schmal, dann, in zehn Metern Tiefe, werden sie plötzlich ganz breit und weiter unten wieder ein wenig schmäler. Die Form hängt davon ab, welche Schichten des Eisbergs warme Strömungen abbekommen haben, und in welchen Höhen das Wasser als eiskalter Strom vorübergezogen ist.

Manche Eisberge passen nah zueinander, weil sie sich wie Puzzleteile aneinander fügen. Wo der eine breit ist, ist der andere ganz schmal und umgekehrt. Sie ergänzen einander und sehen von oben betrachtet aus wie gute Eisberg-Freunde. So treiben sie gemeinsam durchs Meer. Bis, eines Tages, warum auch immer, einer der beiden Eisriesen eine andere Strömung abbekommt als bisher.

Es kann passieren, dass einem der beiden plötzlich seine schmale Unterwasser-Wespentaille verloren geht, in die sich die dickste Ecke des anderen gerade noch so schön geschmiegt hatte. Plötzlich ist das Eis gewachsen, und von Kuscheln ist keine Rede mehr. Es eckt, es stößt sich ab, und wenn man sich  zu nahe kommt, wird es unangenehm.

Im Wirklichen Leben kann man dieses Phönomen des gegenseitigen Anstoßens als "Trigger" bezeichnen. Autsch. Wenn wir uns verändern, drücken wir bei machen Menschen verborgene Knöpfe, von denen wir die ganze Zeit lang nichts geahnt hatten. Und sie bei uns, selbstverständlich.
Große Veränderungen wandeln unsere Unterwasserform. Manche Stellen unseres geheimen Bauchs werden dünner und könnten mehr Nähe vertragen. Andere legen sich hingegen Panzer und gefrorene Schutzschichten zu.

Neue Formen brauchen manchmal neue Begleiter. Doch im Meer der Freundschaft ist es gut, wenn man in Sichtweite bleibt. Der Frühling kommt. Warme Ströme warten überall und lassen das Eis auch wieder schmlezen. Außerdem lohnt es sich, ab und zu aneinanderzustoßen. Reibung erzeugt immerhin eine ganze Menge Wärme. Und was Wärme mit Eis macht, das wissen wir...

Einen friedlichen, freundlichen Abend voll Mond wünscht
Barbara Pachl-Eberhart,
gerade heimgekommen von einem Besuch bei einer Freundin fürs Leben, die gottseidank noch immer zu mir passt und meine Ecken erträgt, und sie nich selten ein wenig zum Schmelzen bringt.

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